Text: André Eichelbaum
Fotos: Sven Mainzer
Wenn Sie für den KinderPact spenden wollen oder sich näher für die Arbeit des Vereins interessieren, finden Sie weitere Informationen unter www.kinderpact-hamburg.de
Das iPad hält Einzug in die unterschiedlichsten Branchen und erleichtert vielen Unternehmen die Arbeit. Bei dem Thema „Mobile Palliativpflege“ denkt man sicher nicht an einen Tablet-Computer, doch auch dem Team des KinderPact Hamburg e.V. vereinfacht das iPad viele Arbeitsabläufe und gibt den Mitarbeitern mehr Raum für den persönlichen Kontakt zu ihren Patienten.
Die palliative Versorgung von Kindern ist eine Berufung, die die Pflegerinnen ebenso körperlich wie psychisch stark beansprucht. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen die jungen Menschen, die lebensbegrenzend erkrankt sind und in absehbarer Zeit sterben werden. Manche schaffen vielleicht noch ein ganzes Jahr, bei anderen sind es nur Wochen oder Monate. KinderPact Hamburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Kinder bis zu ihrem Ende zu begleiten. Dabei sind sie ebenso für die Linderung körperlicher Schmerzen wie für die seelische Betreuung zuständig.
Eigentlich beschreibt der Name KinderPact nur die halbe Wahrheit dieser Institution, denn palliative Betreuung bei Kindern bedeutet immer auch die Betreuung einer ganzen Familie. Zum Beispiel benötigen die Geschwisterkinder, die durch die besondere Aufmerksamkeit, die ihrem Bruder oder ihrer Schwester zuteil wird, ins Abseits der Familie gedrängt werden, ebenfalls Zuwendung. Manchmal leiden sie auch unter der Tabuisierung des Todes und benötigen jemanden, der mit ihnen über die scheinbar unbeschreibliche Situation redet, in der sie gerade stecken.
Und natürlich sind da noch die Eltern, die vor der Perspektive stehen, ihr Kind für immer zu verlieren. Schon für Menschen, deren Kinder kerngesund sind, ist der bloße Gedanke vollkommen unerträglich. Die Väter und Mütter stecken zusätzlich oft in situationsbegleitenden Konflikten, die sie meist alleine gar nicht lösen können. Es gibt Ängste um den Arbeitsplatz, finanzielle Sorgen, Probleme konfessioneller oder kultureller Art oder Auseinandersetzungen mit Behörden und Krankenkassen.
In all diesen Belangen können sich die betroffenen Familien auf die Unterstützung des KinderPact e.V. verlassen. Die Geschäftsführerin Kirsten Mainzer erklärt, dass der Verein für seine Arbeit neben den drei festangestellten Pflegerinnen und ihr selbst, die ebenfalls zu den Patienten fährt, zwei Ärzte angestellt hat und zusätzlich mit Teilzeitkräften arbeitet. Außerdem kommen noch Kooperationen mit Psychologen hinzu. „Man muss den Familien rund um die Uhr und mit aller Hilfe, die nötig ist, zur Verfügung stehen können.“ Derzeit sind es 20 Kinder und Jugendliche, die sich in die Obhut des KinderPacts begeben haben.
Die Palliativversorgung ist zwar den Betroffenen gesetzlich zugesichert, überschreitet aber in dem, was tatsächlich in der Praxis nötig ist, die finanziellen Zuwendungen der Krankenkassen deutlich. Alle „ärztlichen und pflegerischen Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere … Schmerztherapie und Symptomkontrolle“ (§ 37 SGB V) sind durch das System abgedeckt. Alleine schon der psychologische und ärztliche Bereitschaftsdienst ist unabdingbar, aber bei den Kassen nicht abzurechnen. Auch die aus Sicht von Kirsten Mainzer unbedingt nötige Nachversorgung in den Familien ist mit den gesetzlichen Mitteln nicht finanzierbar. Die Liste der Lücken könnte noch weiter fortgesetzt werden.
Das hat zwei Konsequenzen. Zum einen ist KinderPact auf Spenden angewiesen und zum anderen nutzen die Mitarbeiterinnen alles, was ihre Arbeit vereinfacht und ihnen Zeit für die nicht finanzierten aber dringend notwendigen Sonderleistungen freischaufelt. So seltsam es klingt, spielt hier das iPad eine große Rolle. „Der iMac hier im Büro und die iPads für den mobilen Einsatz sind eine Spende von DESK7 Hamburg“, erklärt Kirsten Mainzer. „Das hilft uns sehr bei unserer Arbeit.“
Mit einer Software der Medizinischen Hochschule Hannover werden sämtliche Patientendaten online auf den iPads eingegeben oder abgerufen. Dadurch entfällt das langwierige Abtippen handschriftlicher Notizen über die verabreichten Medikamente oder über die pflegerischen Maßnahmen. Alle mit dem Patienten verbundenen Kontakte sind jederzeit online einsehbar. Es ist sogar möglich, dass ein Arzt über die Software Medikamente verschreibt, die dann in einer kooperierenden Apotheke abgeholt werden können. Das erspart immense Zeitkontingente für An- und Abfahrten, es effektiviert Behandlungsmaßnahen und öffnet Freiräume, die im direkten persönlichen Kontakt eingesetzt werden können.
Schon die Tatsache, dass mit dem iPad immer ein internetfähiges Gerät parat ist, eröffnet Möglichkeiten, mit denen man Großes im Kleinen bewirken kann. Es ist möglich, den meist arglosen Eltern bestimmte medizinische Hilfsgeräte im Internet zu zeigen und zu erklären, was oft Missverständnisse vermeidet oder Ängste vor Unbekanntem abbaut.
Und was für die einen alltägliches Entertainment ist, kann für andere ein kleiner Schritt in eine andere Welt bedeuten. „Einfach mal ein Spiel mit dem Geschwisterkind spielen, auf Youtube das Video der Lieblings-Band anschauen oder Ähnliches“, berichtet die Pflegerin Eva Humpe, „das ist für viele Familien etwas Besonderes und lässt das ganze Drumherum für ein paar Minuten vergessen. Es ist einfach schön, wenn in der Familie mal wieder gelächelt wird. Das Leben geht ja weiter.
Text: André Eichelbaum
Fotos: Sven Mainzer
Wenn Sie für den KinderPact spenden wollen oder sich näher für die Arbeit des Vereins interessieren, finden Sie weitere Informationen unter www.kinderpact-hamburg.de